Einleitung

Das Ziel des Online-Kurses ist es, eine vertiefte Einführung in den Umgang mit deutschen Unterlagen mit Bezug zum Holocaust zu geben. Er richtet sich insbesondere an Historikerinnen und Historiker, Archivarinnen und Archivare sowie Studentinnen und Studenten*, die mit deutschem Archivgut arbeiten und ihr quellenkundliches Wissen erweitern wollen.

Die meisten Holocaust-Forscher sind es gewohnt, sich fast ausschließlich mit Text und Inhalt der vorgefundenen historischen Schriftstücke zu beschäftigen. Maximal werden vielleicht noch die Kontexte der Überlieferung und der Verfasser bzw. Korrespondenzpartner in die Interpretation mit einbezogen. Dass Schriftstücke bei näherem Hinsehen und präziser Analyse der aktenkundlichen Merkmale noch eine ganz andere Tiefendimension erhalten können, bleibt den meisten Forschern verborgen. Der folgende Onlinekurs möchte hier Abhilfe schaffen und ein Instrumentarium vermitteln, das sie in die Lage versetzt, Schriftstücke in ihrer gesamten Informationstiefe wahrzunehmen.

Entwickelt wurde der Onlinekurs „Aktenkunde des Holocausts“ von Mitarbeitern des Bundesarchivs im Rahmen des Projekts EHRI (European Holocaust Research Infrastructure). Grundlage waren die Lerninhalte eines im August 2016 im Bundesarchiv in Berlin durchgeführten Seminars mit dem gleichen Titel.

Der Online-Kurs besteht aus fünf verschiedenen, in der Regel aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzten Modulen:

1)      Deutsche Verwaltungstradition, Verwaltungsorganisation und Verwaltungsgeschichte

2)      Aktenkunde, untergliedert in analytisch-formale, systematisch-klassifizierende und genetische Aktenkunde, Geschäftsgang, Hilfsmittel der Aktenkunde und mehreren Beispielen für Geschäftsganganalysen

3)      Quellenkunde, d.h. Vorstellung verschiedener Quellengattungen: Ministerialschriftgut, personenbezogene Unterlagen, militärische Unterlagen, „Euthanasie“-Patientenakten sowie Dokumente aus der juristischen Verfolgung von NS-Verbrechen anhand der Geschichte der Zentralen Stelle und einem Einzelfall

4)      Überblick über die holocaustrelevanten Bestände des Bundesarchivs

5)      Glossar der archiv- und aktenkundlichen Begriffe

Das Herzstück des Kurses ist das Modul Aktenkunde, das neben den verschiedenen Herangehensweisen der Aktenkunde vor allem die Analyse des Geschäftsgangs vermittelt und die dabei erforderlichen Hilfsmittel vorstellt. Die Aktenkunde ist einerseits eingebettet in einen Überblick über die Verwaltungsgeschichte und Verwaltungstraditionen in Deutschland, andererseits in mehrere Beiträge zur Quellenkunde, in denen ganz unterschiedliche Quellengattungen vorgestellt werden. Zusätzlich bietet der Online-Kurs einen Überblick über die holocaustrelevanten Bestände des Bundesarchivs sowie ein Glossar mit Definitionen und Erläuterungen zu den wichtigsten Fachbegriffen.

Methodisch arbeitet der Onlinekurs nicht nur mit Texten, Links und eingebundenen Dokumenten, sondern auch mit Vortragsfolien, die meistens auch eine Tonspur enthalten, so dass sie als kleine Vortragspräsentationen abspielbar sind; an einer Stelle wird auch eine reine Audiodatei angeboten. Wir hoffen, dass Sie diese Formen ansprechend finden und dadurch eine inspirierende Lernatmosphäre möglich wird.

Im Vergleich zu den anderen EHRI Onlinekursen wird der Kurs „Aktenkunde des Holocausts“ sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache angeboten. Einerseits sind wir überzeugt, dass für die intensive Forschungsarbeit mit deutschsprachigen Dokumenten auch ausreichende Deutschkenntnisse erforderlich sind und sich viele Sachverhalte aufgrund des Spezialvokabulars besser auf Deutsch darstellen lassen. Andererseits möchten wir mit dem Kurs aber zugleich ein möglichst breites Publikum an Interessenten erreichen und vor allem die unterstützen, die noch am Anfang ihrer Recherchen und sprachlichen Fähigkeiten stehen. Wir hoffen, dass uns dies durch die Zweisprachigkeit einigermaßen gelingt.

Möge Ihnen der Kurs „Aktenkunde des Holocausts“ das Instrumentarium liefern, um die oberflächliche, reine Textanalyse hinter sich zu lassen und in die Tiefe der Quellenanalyse einzusteigen. Für Nach- bzw. Rückfragen stehen Ihnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesarchivs gerne zur Verfügung. Die Kontaktinformationen finden Sie immer am Ende des jeweiligen Moduls.

Viel Erfolg und gutes Gelingen!

Verantwortlich für das Gesamtprojekt: Nicolai M. Zimmermann (Leitung), Olga Goleta und Tobias Herrmann

 

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*Aus Gründen der Lesbarkeit wird hier im Folgenden ausschließlich das generische Maskulinum verwendet im Sinne eines grammatisch neutralen und die weiblichen Formen immer mit einschließenden Verständnisses.